Gewässerflora und -Fauna

Da „totes Holz“ und viele Arten von Laub den wesentlichen Nahrungsanteil für die Benthos-organismen (Fischnährtiere, Kleinstlebewesen in der Bodenzone)  an- und in der Gewässersohle bereitstellen, muss entspr. Material in das Gewässer gelangen und auch dort verbleiben.

Wo keine Nahrung zu finden ist, halten sich keine Fischnährtiere auf und damit ist solch ein Bereich auch eher unattraktiv für die meisten aquatischen Organismen.

Kleinästiges Kronenholz und Verwurzelungen im ufernahen Unterwasserbereich sind (überlebens-) wichtige Schutzzonen für Benthos, Insekten sowie Klein- und Jungfische. In etwas wärmeren Flachwasserbereichen entwickeln sich “Fischkinderstuben“, da diese dort vor Ihren Fressfeinden geschützt sind. Einige Fischarten, viele wassergebundene Insekten und auch manche Amphibienarten legen ihre Eier und Larven nur in- bzw. auf Pflanzen oder Holz ab.

Ein natürliches Fließgewässer beinhaltet einen umfangreichen Bestand an Unterwasserpflanzen, Benthosorganismen und schwimmenden Arten, die sich mit zunehmender Lauflänge von der Quelle im Bergland bis zur Mündung im Flachland in ihrer Zusammensetzung stark verändern. Zum einen aufgrund der physikalischen Veränderungen (Breite/Tiefe/Abflussmenge/ Temperatur/ Sauerstoffgehalt/PH-Wert etc.), die sich mit dem Anwachsen des Gewässers durch diverse seitliche Zuflüsse verändern. Zum anderen aufgrund der zunehmenden chemischen Belastung bei den Einleitungen durch landwirtschaftliche Stoffeinträge, Kläranlagen, häusliche Fehlanschlüsse, entwässerte Verkehrsflächen usw.

Insgesamt 6 Kläranlagen leiten zwischen Mörlenbach und Biblis ihr gereinigtes Abwasser in die Weschnitz  (Mörlenbach, Fa. Freudenberg, Weinheim, Heppenheim, Lorsch und Biblis).

Zudem erfolgt bei Starkregen durch Überlaufbauwerke in der Schmutz- und Mischwasserkanalisation eine Einleitung von ungereinigtem Abwasser in das nächstgelegene Oberflächengewässer. Dieses in verdünnter Menge, da auch Kanäle und Gewässer ein Mehrfaches des normalen Abflusses führen.

Die Veränderung der Benthos- Arten und deren Anzahl ist ein wissenschaftlich anerkannter Parameter für die Gewässergütebestimmung und in Deutschland formeller Bestandteil jeder Gewässeruntersuchung.

Östlich der Bergstraße, in den kleinen Seitentälern des Odenwälder Vorgebirges findet man vereinzelt – und auch nur noch oberhalb der letzten Ortsteile – natürliche Gewässerstrukturen.

Für die im Wald beginnenden Quellgewässer sind kühle Temperaturen, hohe Sauerstoffgehalte, eine kiesig-sandige Gewässersohle und eine geringe Verschmutzung charakteristisch. Diese kleinen und  klaren Mittelgebirgsbäche sind ideale Habitate für Forelle, Groppe und Bachneunauge.

Bachforelle (Quelle: GVB)
Groppe (Mühlkoppe) (Quelle: GVB)
Groppenfamilie (Quelle: GVB)
Bachneunaugen (Quelle: Rainer Hennings, Kreisfischereiberater)
Bachneunauge Hand (Quelle: GfG, Gesellschaft für Gewässerentwicklung Rheinland-Pfalz)

In ganz wenigen Oberläufen der Weschnitz-Seitengewässer sind noch vereinzelt Restpopulationen der einst flächendeckend verbreiteten Steinkrebse, möglicherweise auch Edelkrebse, anzutreffen. Diese stehen aufgrund ihrer starken Gefährdung inzwischen europaweit unter besonderem Artenschutz. Die Hauptursache für das Verschwinden der heimischen Krebse ist zum einen die Verschlechterung der Lebensraumstruktur im Bereich der Gewässersohle, zum Beispiel durch Verschlammung aus Bodenerosion und Viehtritt. Zum anderen sind die Krebse durch die Ausbreitung mehrerer amerikanischer Krebsarten, vornehmlich dem deutlich größeren Signalkrebs, massiv bedroht, da dieser einen Virus überträgt, der ihm selbst nicht schadet,  innerhalb kurzer Zeit aber die heimischen Bestände vollständig eliminiert.

Adulter heimischer Steinkrebs, bei Fürth (Quelle: GVB)
Adulter heimischer Steinkrebs, bei Fürth (Quelle: Rainer Hennings, Kreisfischereiberater)
Amerikanischer Signalkrebs (Quelle: GVB)
Signalkrebs-Höhlen an der Weschnitz (Quelle: GVB)

Neben wenigen Gewässern im südwestlichen Taunus gibt es nur noch ein paar Bäche im  oberen Weschnitztal, die eine isolierte Population dieses einst typischen Bachbewohners beherbergen. Ein Überleben dieser Art in Deutschland ist –trotz intensivem „Krebsmanagement“- ungewiss.

Im flachen Ried, westlich der Bergstraße, trifft man aufgrund des geringen Gefälles auf sehr langsam fließende – bis fast stehende – Gewässer und Grabensysteme, die ein hohes Verschlammungsvermögen besitzen und daher aufwendiger Unterhalten werden müssen.

Aus dem Bergland erosionsbedingt mitgeführte organische Schwebstoffe sowie fein- und feinstkörnige Bodenanteile, setzen sich dabei ab und prägen die Gewässersohle mit ihrem dichten, oftmals leicht anmoorigen Untergrund, wenig Artenvielfalt und einem geringen Sauerstoffgehalt.

Der Untergrund im Ried besteht – nach geringmächtigen bindigen Deckschichten mit Tiefen von zwei bis 5 Metern – bis in großer Tiefe aus Kiesen und Sanden und weist daher gute Durchlässigkeiten auf, was z.B. für die Regenwasserversickerung und Grundwasseranreicherung wichtig ist.  

Dieser Gewässertyp wird aufgrund seiner Charaktereigenschaften auch gerne als „Ersatzaue“ bezeichnet, da er einer ehemaligen Flussaue, wie es sie vor den Begradigungen an großen Flüssen üblicherweise gab, sehr ähnlich ist.

So finden sich in den Bergsträßer Grabensystemen viele anspruchslose und widerstandstärkere Fischarten wie Bitterling, Steinbeißer, Hecht, Rotfeder, Schleie…. aber auch „Trockenfallspezialisten“ wie der vom Aussterben bedrohte Schlammpeitzger, der sich bei Austrocknung eines Gewässers in den Untergrund eingräbt, in einer feuchten „Blase“ versiegelt und so über Monate hinweg bis zur nächsten Grabenflutung überlebt. Der ursprüngliche Lebensraum mancher dort vorkommender Arten waren die  –nur zeitweise gefluteten- Flussschlingen und Nebenarme der Urströme, die erst mit den Korrekturen der letzten zwei Jahrhunderte verlandeten, ihre ökologische Wertigkeit verloren und inzwischen fast vollständig aus dem Landschaftsbild verschwunden sind.

Schlammpeitzge (Quelle: Rainer Hennings, Kreisfischereiberater)

In den großen und schneller abfließenden Gewässern wie Weschnitz und Winkelbach, aber auch in den seitlich einmündenden Bergsträßer Vorgebirgsbächen wie Stadtbach, Hambach, Meerbach und Ziegelbach, sind inzwischen wieder dutzende Arten zu Hause, sowohl standortfeste Fische wie Döbel, Hasel und Flussbarsch, als auch Wanderarten auf ihrer Reise zu- oder von den Laichgründen, bis hin zu den Langdistanzwanderern wie Lachs und Aal.

Zu den typischen Wasserpflanzen gehören neben verschiedenen Arten der Wasserlinse die für die Fische so wichtigen Laichkraut- und Hahnenfuß- Arten sowie das raue Hornblatt. Im Uferbereich finden sich – u.a. Röhricht, Blutweiderich, Schwertlilie, Mädesüß und die Sumpfdotterblume sowie viele weitere Arten.

Diverse Tier- und Insektenarten benötigen die Pflanzen unter- und über dem Wasser als geschützten Brut- bzw. Ablagebereich.

Gebänderte Prachtlibelle auf Hahnenfuß sitzend (Quelle: GVB)

So legt zum Beispiel die in Deutschland inzwischen als „besonders geschützte Art“ geführte gebänderte Prachtlibelle ihre Eier mit einen Stich in das Blatt oder in den Stiel der Pflanze, knapp unter der Wasseroberfläche, ab. Erfolgt nun eine maschinelle Wasserentnahme (Bsp. landwirtschaftliche Beregnung), die den Wasserspiegel längere Zeit unter das Überdeckungsmaß der Libellenbrut absenkt, trocknet die Eiablage aus und stirbt ab.